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Paul Burkhard


Foto: www.stadttheater-klagenfurt.at / Stefan Zoltan Der 1911 in Zürich geborene Paul Burkhard begann seine Theaterlaufbahn nach Abschluss des Konservatoriums als Korrepetitor und Kapellmeister am Stadttheater Bern, wurde aber bald zum Leiter der Musikabteilung ans Zürcher Schauspielhaus berufen.

Als 24-jähriger schrieb er seine erste Operette «Hopsa» ganz im Stil der zeitgenössischen Revue-Operetten, ehe er mit dem Schweizer Mundartstück «Der schwarze Hecht» (1939) überregional auf sich aufmerksam machte. 1950 erlebte das Stück in der Bearbeitung von Erik Charell unter dem Titel «Feuerwerk» seine Aufführung am Münchner Gärtnerplatz-Theater und verschaffte Burkhard, nicht zuletzt dank des Chansons «O mein Papa», den endgültigen Durchbruch und internationale Berühmtheit. Das Chanson wurde in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Daneben entstanden die komische Oper«Casanova in der Schweiz» (1942), «Tic-Tac» (1946), «Die Weibermühle» (1951), «Spiegel, das Kätzchen» (1956) nach der Novelle von Gottfried Keller, «Die Pariserin» (1957) und «Bunbury» (1965) nach Oscar Wildes Komödie. An den überwältigenden Erfolg von «Feuerwerk» konnte er mit diesen Werken allerdings nicht
mehr anknüpfen.

Nachdem er auch seine Tätigkeit als Dirigent und Leiter des Studioorchesters von Radio Beromünster aufgegeben hatte, zog Burkhard sich in sein Haus in Zell im Kanton Zürich zurück, wo er sich fortan kirchlichen Werken und religiösen Spielen widmete. Sein wohl bekanntestes Werk aus dieser Zeit ist die noch heute beliebte «D Zäller Wiehnacht». Am Ende seines Lebens kehrte er noch einmal zu der Gattung zurück, die er aus dem Geiste des Chansons zu erneuern gehofft hatte, zur Operette. Die Uraufführung seines letzten und von ihm selbst als sein «liebstes Kind» bezeichneten Werkes, «Regenbogen», erlebte er indessen nicht mehr. Paul Burkhard starb am 6. September 1977. Zum 30. Todestag kam im Herbst 2007 der Dokumentarfilm «O mein Papa» von Felice Zenoni in die Schweizer Kinos.

Mehr zum Film O mein Papa und zur Musik von Paul Burkhard: www.omeinpapa.ch

 

Der Urner Filmemacher Felice Zenoni hat dem grossen Schweizer Komponisten Paul Burkhard mit dem Dokumentarfilm «O mein Papa» (2007) ein bewegendes Denkmal gesetzt. Viele Informationen fand er in den detaillierten Tagebuchaufzeichnungen des Komponisten. Exklusiv für das KT12 hat er aus diesen persönlichen Notizen Burkhards die Entstehung von «Frank der Fünfte» rekonstruiert:

Paul Burkhard war während des Zweiten Weltkriegs Hauskomponist des Zürcher Schau-spielhauses. In dieser Zeit schrieb er enorm viel Theatermusik. Heute wissen die wenigsten noch, dass 1941 an der Uraufführung von Bertolt Brechts «Mutter Courage und ihre Kinder» ein Grossteil der Lieder von Burkhard stammten. Der Zürcher Komponist war bereits ein «gemachter Mann», als der Stern Dürrenmatts aufzugehen begann. Nach der Premiere von «Der Besuch der alten Dame» im Januar 1956 notiert Burkhard in seinem Tagebuch: «Ich begeistert mitten im Theater. Dürrenmatt würde wohl was für mich schreiben.»

Und tatsächlich: Ein knappes Jahr später entscheidet sich Dürrenmatt seine Bank-Oper gemeinsam mit Burkhard in Angriff zu nehmen. Die Arbeit an «Frank der Fünfte» beginnt am 7. Mai 1958. «Gutes Arbeiten. Fritz dichtet. Herrlicher Wein. Ich komponiere schon vier Sachen», notiert Burkhard. Eine enorm kreative Zeit beginnt. Burkhard, der zeitlebens fast ausschliesslich zu bestehenden Texten komponiert hat, wird von Dürrenmatts literarischen Einfällen geradezu beflügelt. «Wir sind toll im Schuss. Komponiere in Trance das Lied von der Anständigkeit. Noch spät nachts kommt Fritz zweimal mit Texten ins Zimmer. Ich todmüde. Schlafe tief, was für eine tolle Zeit.» Die Arbeit geht im Herbst 1958 weiter. Am 6. November freut sich Paul Burkhard über den erspriesslichen Fortgang: «Still allein ans Klavier und aus vollkommener Ruhe heraus Refrain gefunden. Fritz fährt mir ins Haar vor Rührung, ist bezaubert. Lotti beginnt das Stück zu lieben.»

Nach einer Orchesterprobe im März 1959 im Schauspielhaus Zürich sind alle Mitwirkenden begeistert. Dürrenmatt meint scherzhaft: «Bisch ja en Komponischt!» Die Kritiken nach weniger enthusiastisch: «Heftige Ablehnungen», vertraut Burkhard am 19. an. Für die Deutschlandpremiere in München will Dürrenmatt das Stück umschreiben. Schon in Zürich wechselte und änderte er bis zur letzten Minute. «Wann wird Frank (...) ? Wenn ich ehrlich bin, möchte ich so gerne mit ihm weitermachen, dies Stück jedenfalls. Sonst wäre ja wieder ein Jahr verloren.»

Im Oktober 1960 fahren Friedrich Dürrenmatt, seine Frau Lotti und Paul Burkhard nach München. «Fritz kolossal aufgedreht den ganzen Tag. Sagt, ihm gut», notiert Burkhard und einige Tage später ist Dürrenmatt gar überzeugt, sie gemeinsam noch weitere Stücke schreiben sollten. Nach der auch in enttäuschenden Presse verflüchtigt sich die Absicht. 1966 entsteht eine Fernsehfassung. Danach ruht das Stück. Ein letztes Mal taucht es in den Tagebüchern Burkhards vor seinem Tod auf. Dürrenmatt möchte für eine englische Fassung einen neuen beiziehen. Am 16. September 1976 notiert Burkhard: «Telefon Fritz. Ärger mit ‹Frank Fünfte›. Wales wollen anderen Komponisten. Ich: Nein! (...) Will mich breitschlagen, ich bleib hart. Enttäuscht über Fritz.»

Felice Zenoni, Dezember 2009