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Autor: |
Thornton Wilder |
Regie: |
Walter Michael Krumm (Michael
Boutari) |
Premiere: |
17. Januar 1990
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Die Stückwahl fiel
mit Thornton Wilders Unsere kleine Stadt wieder auf einen anspruchsvollen und
angesehenen Klassiker. Dass er in der Schweiz entstanden und die
deutschsprachige Uraufführung 1938 in Zürich über die Bretter
gegangen war, konnte uns nur recht sein. Ausserdem fühlten wir uns als
Theatergruppe in der «Stadt vor der Stadt» auch der
Hauptdarstellerin, der US-Kleinstadt Grovers Corners, verbunden. (Das
ausführliche Programmheft erschien übrigens in Form einer
Lokalzeitung.) Der Personalaufwand war in etwa dem Wiener Wald ebenbürtig.
Bei der Rollenverteilung ergab sich allerdings ein Problem, weil wir zwei
Anwärter auf die männliche Hauptrolle hatten. Dieses Dilemma
löste sich dann auf wunderbare Weise, als einer der beiden (ein
Musikstudent, notabene) anbot, Musik zum Stück zu komponieren. Damit war
die Gruppe nicht nur einverstanden, sondern wir waren davon begeistert. Und das
Resultat konnte sich mehr als hören lassen: Die Musik, jeweils live
interpretiert von drei Musiker, erhielt mindestens soviel Applaus wie die
Schauspieler. Bis es soweit war, gab es aber noch eine Menge zu tun: Wilder
schrieb vor, sein Stück sei ohne Requisiten und Bühnenbild zu
spielen. Besonders ersteres war für uns Laien nicht einfach, denn es
verlangte pantomimische Fähigkeiten. Wir einigten uns schliesslich auf
einen Kompromiss: Wohl gab es Teller und Tassen, aber ohne Inhalt. Das
eigentlich nichtexistierende Bühnenbild bestand zum Schluss aus mehreren
Tonnen Baugerüst-Teilen, die wir auf die St.Gallus-Bretter schleppten -
mit aufsehenerregendem Resultat. Zwischen Generalprobe und Premiere durchlebten
wir eine wahre Panikphase, denn wir waren (fast) alle überzeugt, dass
dieses Stück keine Menschenseele interessieren würde. Weit gefehlt.
Auch diesmal hatten wir ins Schwarze getroffen. (Es soll Zuschauer gegeben
haben, die - von der Intensität des Spiels mitgenommen - den Saal
vorzeitig verlassen mussten.)
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Wenn sich eine Gruppe junger Theaterschaffender
an einen Klassiker der Bühnenliteratur heranmacht, zeugt dies von Mut;
wenn sie dieses Stück dann erst noch professionell aufführt, darf man
ruhig von grossem Können sprechen. Genau dieses grosse Können hat das
Ensemble des Kleintheaters 12 anlässlich seiner Premiere an den Tag
gelegt.
Die Vorstadt, 25. Januar 1990
Die Leistung, die Sie erbrachten (inklusive Regie und Bühnenbild) ist
bemerkenswert, insbesondere angesichts des nicht einfach zu wiedergebenden
Stückes. Sie haben mir zu einem Theatererlebnis verholfen, das in keiner
Weise hinter demjenigen eines Schauspielhauses zurücksteht. Ich gratuliere
Ihnen!
Aus dem Brief einer Zuschauerin |
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