Nummer 12 - September 2000
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Keine Gummifledermäuse

Regie


Claudio Ricci und Stephan Ganz führen auch bei "Dracula" gemeinsam Regie.


Das erste Mal Theaterregie führen kann süchtig machen. Wenn aus weissen Papierseiten zwei Stunden Unterhaltung entstehen, wird sehr viel Energie frei, die man gerne ein zweites Mal einsetzt.

Von Claudio Ricci

Im vergangenen Jahr sollte ich eigentlich bloss aus dem langen und trägen Theaterstück «Die Reporter» eine witzige Bühenfassung erarbeiten. Alle hatten damals billy Wilders Film im Kopf, und «etwas in der Art» sollte es werden. Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Und so standen Stephan Ganz und ich - alleine wollte ich mir das nicht zutrauen - plötzlich vor 20 potentiellen Spielerinnen und Spielern, die alle darauf warteten, in ihre Rollen schlüpfen zu können. Das Resultat haben wahrscheinlich die meistens BACKSTAGE- LeserInnen gesehen.

Dieses Jahr verhält es sich etwas anders. Das Stück muss komplett aus der Romanvorlage herausgearbeitet werden. Was zuerst nach reiner Fleissarbeit ausgesehen hat, entwickelt sich zusehends zu einem Gewaltakt. Die Problematik liegt darin, dass der Roman in Tagebuch- und Briefform abgefasst ist. Er lebt vor allem von den Gedanken, Ängsten und Sehnsüchten der Figuren. Da uns im Theater die Effekte von Film und Fernsehen fehlen, müssen wir mit dem Spiel und der Handlung die Spannung erzeugen. Keinesfalls werden Stephan und ich Gummifledermäuse herumfliegen oder ausgestopfte Wölfe über die Bühne schieben lassen. Auch wird Dracula keine grün fluoreszierenden Kontaktlinsen tragen. Wir werden versuchen, die Spannung von 500 Seiten Roman in rund 90 Minuten Theater zu packen.

Dass dies gelingen kann, dafür braucht es dieses Jahr besonders viel Flexibilität von Seiten der SpielerInnen, denn die zweite, definitive Buchfassung wir erst im Verlaufe der Proben fertiggestellt. Die Akteure müssen mit der Gewissheit leben, dass sie Text lernen, den sie dann wieder vergessen sollen, um neuen Dialogen Platz zu schaffen. Keine leichte Aufgabe, aber spannend. Ich bin üerzeugt davon, dass auch die Produktion 2001 ihre Qualitäten haben wird und verspreche 90 spannende Minuten. •




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