Dracula:
(über heulende
Wölfe)
Hören Sie die Kinder der Nacht?
Was für Musik sie machen!
Jonathan:
Musik? Diese Bestien?!
Dracula:
Ja, mein Herr. Ihr
Stadtbewohner seid eben nicht imstande, einem Jäger nachzufühlen.
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Der Startschuss für die
Produktion 2001 ist gefallen. Mit Bram Stoker's DRACULA feiert der wohl
berühmteste Vampir aller Zeiten sein längst fälliges
Bühnen-Comeback.
Von Stephan Ganz
Der 27. Mai 1999 ist ein heisser und schwüler Frühlingstag. Die
Mitglieder des Kleintheaters 12 diskutieren anlässlich der
Generalversammlung über die Stückwahl für die Produktion im Jahr
2001.
«Amadeus» ist gerade erfolgreich abgespielt und für das Jahr
2000 sind die «Reporter» in Vorbereitung. Was soll als nächstes
folgen? Eine Komödie? Ein zeitgenössisches Stück? Warum nicht
ein Schweizer Autor? Oder wie wäre es mit Horror? Horror - diese Idee
lässt aufhorchen! Und fast einstimmig erhält die
Stückwahlkommission den Auftrag, nach spielbaren Horror-Stoffen zu suchen.
Keine leichte Aufgabe, wie sich leider schnell herausstellt. In mühsamer
Kleinarbeit können in den folgenden Monaten schliesslich verschiedene
Vorlagen organisiert werden. Beim Lesen wird schnell klar, dass die Definition
mit «Horror» sehr weit gefasst ist und vieles beinhalten kann:
«Das Gespenst von Canterville» - ein verstaubtes Stück über
einen spukenden Geist lässt heute niemanden mehr erschauern. Und auch
«Carmilla» - ein Stück über eine Vampirin, verspricht viel
und ist doch nur zum Einschlafen. Warum nicht auf eine literarische Vorlage wie
«Frankenstein» oder «Dracula» zurückgreifen? Die
Geschichten sind bekannt, wurden mehrmals verfilmt und existieren auch als
Bühnenfassungen. Letztere entsprechen allerdings nicht unseren
Vorstellungen. Doch die Idee, den Vampir der ersten Stunde auf die Bühne
zu bringen, lässt uns nicht mehr los. Zu gross ist die Faszination, die
spannende Geschichte dieses berühmten Untoten zu erzählen. Weil eine
bestehende Dramatisierung nicht befriedigt, wird entschieden, den Roman
für unsere Aufführungen neu zu adaptieren. Für diese happige
Aufgabe können wir mit Claudio Ricci einen versierten Theatermann
verpflichten. Und so wird das fast Unmögliche schliesslich möglich
gemacht: Nach nur vier Monaten legt Claudio eine erste Fassung des Stückes
vor, die schon einiges verspricht. Auch die Ideen unseres Bühnenmeisters
Heinz Brehm lassen die Herzen höher schlagen. Wir können es schon
jetzt kaum erwarten, bis es wieder heisst: Vorhang auf!
Das Stück
Bram Stokers Roman «Dracula» handelt vom uralten Vampir Graf Dracula,
der in London ein Haus kauft, um sich - nach Jahrhunderten im einsamen
Transsylvanien - die moderne Welt, und vor allem deren Blut, zu erschliessen.
Den jungen Anwalt Jonathan Harker, der ihn in seinem verfallenen Schloss
aufsucht, überlässt Dracula - natürlich nachdem er ihn gebissen
hat - seinem Schicksal (oder besser: drei Vampirinnen). Doch Jonathan kann
fliehen, und als er wieder in London eintrifft, hat Dracula bereits Lucy, die
beste Freundin seiner Verlobten Mina, gebissen. Lucy stirbt und wird selbst zum
Vampir. Dr. Seward, Lucys Hausarzt und Leiter einer Irrenanstalt, bittet wegen
der merkwürdigen Todesumständ seinen alten Lehrer, Professor van
Helsing, um Hilfe. Dieser lüftet schnell das Geheimnis und erlöst
vorerst Lucy von ihrem traurigen Vampirdasein. Dann beginnt die Jagd auf den
Grafen und seine Gehilfen...
Der wahre Dracula
Als der Engländer Bram Stoker (1847-1912, Theaterkritiker und -Leiter) im
Jahr 1890 das erste Mal vom «Pfähler Vlad Tepes» hörte,
liess ihn die Gestalt dieses dunklen Fürsten nicht mehr los. Im seinem
1897 erschienenen Roman «Dracula» war dann der Graf auch sehr
deutlich als Tepes zu identifizieren. Dieser lebte von 1431 bis 1476 in
Rumänien. 1456 gelang es Vlad III. Tepes Draculea, den Thron zu erobern.
In den sechs Jahren seiner Herrschaft erwarb er sich einen Ruf als grausamer
Fürst: Er liess Gesandten die Hüte am Kopf festnageln, Abertausende
von Leuten pfählen, er trank das Blut seiner Opfer, tötete mindestens
eine seiner Frauen und eine Mätresse, «beseitigte» die Armut, in
dem er die Armen verbrannte und zwang die Zigeuner zum Kriegsdienst, in dem er
sie vor die Wahl stellte, gegen die Türken zu kämpfen oder ihre
eigenen Kinder zu verspeisen. Schon sein Beiname «Dracul» (vom
lateinischen Draco=Drache) erweckte Furcht. Und in rumänischer Sprache
bedeutete «Drac» sogar Teufel! Für einen Vampir wurde er
allerdings nie gehalten. Erst Bram Stoker machte ihn zum blutsaugenden
Ungeheuer.
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